Herbst Winter 2023
Wohnbau stößt an seine Grenzen
Weniger Aufträge, aber immer mehr Kosten: Das Wohnbau-Dilemma ist nach wie vor ein Thema, das sowohl die Baubranche als auch die Tiroler*innen belastet. Allgemeine Teuerung, Restriktionen bei der Kredit- vergabe und fehlende Gegensteuerung durch den Gesetzgeber erschweren zusehends den Bau von neuem Wohnraum. RIEDERBAU reagiert.
Es wird sichtlich enger beim privaten Wohnbau. Stark geänderte Vorzeichen bei der Finanzierung lassen so manchen Eigenheimtraum in weite Ferne rücken oder gar zerplatzen. Mit smarten Ideen und innovativen Denkansätzen rückt RIEDERBAU dem Problem zu Leibe. „Weniger Aufträge, mehr Ausgaben!“ – so lautet der aktuelle Negativbefund im traditionell emsigen heimatlichen Bausektor. „Die verschärfte Problematik in Sachen Finanzierung hat sich vor allem durch die geänderte Zinssituation ergeben. Eigenheimwerber*innen sind mit Quadratmeterpreisen von bis zu 8.000 Euro konfrontiert, vor drei Jahren sahen wir noch einigermaßen erträgliche 4.000 Euro“, weiß Michael Oberlechner, Leiter des Geschäftsbereiches RIEDERIMMO. Der hauseigene Bauträger bei RIEDERBAU akquiriert Grundstücke und entwickelt Projekte von Kufstein bis Telfs sowie im angrenzenden bayerischen Raum. Das zurzeit ausufernde Niveau basiert auf gestiegenen Allgemeinbelastungen bei der Errichtung von Wohnraum und einer für die meisten Bauherr*innen erdrückenden Rückzahlungslast. Banken zogen dabei die Schrauben kräftig an, momentan liegt der Wert bei 4 bis 6 Prozent. In Union mit der fraglichen KIM-V (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), die seit August 2022 in Kraft ist und von Kreditwerber*innen einen 20-prozentigen Eigenkapitalanteil fordert, entsteht gegenwärtig eine für die Wirtschaft „toxische“ Mischung.
ZIELGRUPPE BRICHT WEG
„Kleinkapitalanleger*innen, die in den letzten acht Jahren auf der Grundlage von nahezu null Zinsen Immobilieneigentum schaffen konnten, sind passé. Verständlich, bei einer Zinsbelastung von durchschnittlich vier bis fünf Prozent“, beschreibt Michael Oberlechner von RIEDERIMMO die geänderten Parameter. Investitionsobjekte mit hohem Finanzierungsanteil verlieren mehr und mehr an Reiz. Die Reaktion des Marktes lässt nicht lange auf sich warten – der Switch vom Eigentümer*innen zum Mieter*innenmarkt ist absehbar. Die Spirale dreht sich allerdings in diesem Segment munter weiter, denn auch die Mietpreise weisen stetig nach oben. Michael Oberlechner nimmt dabei Bezug auf „wertgesicherte Verträge“, die allerdings in deutlicher Korrelation zu den überdurchschnittlich steigenden Lebenshaltungs- und Betriebskosten stehen. Besonderer Druck entsteht in Tirol, dem Bundesland mit den niedrigsten Durchschnittseinkommen und den höchsten Wohnkosten. Bauunternehmen sahen sich zuletzt mit Einkommenserhöhungen von 10 Prozent konfrontiert, für das kommende Jahr stehen – unabhängig von der Inflation – satte 7 Prozent zu Buche. Die Prognosen vermitteln kein helleres Bild. Nach Ansicht der meisten Fachleute werden sich die Preise kaum mehr nach unten bewegen.
"Eigenheimwerber*innen sind aktuell mit Preisen von bis zu 8000 Euro pro m2 konfrontiert."
Michael Oberlechner
TIROL, DAS TEURE PFLASTER
„Nirgendwo wohnt man teurer als in Tirol!“ Mit dieser inzwischen wissenschaftlich fundierten Diagnose leitete Univ.- Prof. DDr. Jürgen Huber (Institut für Banken und Finanzen der Universität Innsbruck) seinen Vortrag im Rahmen des „Kufsteiner Wohnbaugipfels“ am 25. Mai ein. Mit sorgfältig recherchierten Fakten wurde die anhaltende Misere im privaten Immobilienbereich belegt. So ist es im hiesigen Bundesland bei weitem am aufwendigsten, in den Genuss einer Wohnung oder gar eines Hauses zu kommen. Angesichts der Schwierigkeiten für Bauwerber*innen, eine vernünftige Finanzierung aufzustellen, klingt der Artikel 7 (2) aus der Tiroler Landesordnung von 1989 fast schon nostalgisch: „Das Land Tirol hat für die Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Arbeits- und leistbaren Wohnmöglichkeiten zu sorgen. Das zumutbare Ausmaß des Wohnungsaufwandes darf 25 Prozent des monatlichen Familieneinkommens nicht übersteigen.“ Die Preistreiber auf dem privaten Immobilienmarkt sind nach Prof. Huber schnell ausgemacht: Zehn Jahre Nullzinspolitik, die COVID-Pandemie mit erweitertem Bedarf durch Homeoffice und ausländische Käufer*innen. „Selbst in den 142 Gemeinden, in denen es ein absolutes Verbot neuer Freizeitwohnsitze gibt, gingen 15 Prozent der bebauten Immobilien an EU-Bürger*innen, die ihren Hauptwohnsitz außerhalb Österreichs haben“, zeigt Prof. Huber auf. Aus den Studien des engagierten Forschers geht außerdem hervor, dass 91 Prozent der Tiroler*innen Eigentum wollen, aber nur 59 Prozent welches haben.
PREISE SENKEN, MEHR WOHNRAUM ANBIETEN
Die Erfahrungen lehren, dass Neubauten die Wohnraumpreise signifikanter und nachhaltiger senken als Sanierungen. „Es eröffnen sich jetzt gute Möglichkeiten, denn erstmals seit langem sind wieder Handwerker*innen verfügbar, und die Preise steigen auch nicht mehr“, merkt Anton Rieder an. Mit entsprechendem Innovationspotenzial und dem Willen zur Veränderung ließe sich auch das Angebot an Wohnraum verbessern: Beispielsweise durch Maßnahmen zur Nachverdichtung, durch Aufstockungen auf Lebensmittelmärkte, durch Reduktion von Leerständen, durch das Tiefersetzen des Erdgeschosses, durch Umwidmungen von zuvor gewerblich genutztem Baubestand, durch Neubauten auf bereits gewidmetem Bauland. Ein weiteres Reizwort heißt „Baulandmobilisierung“. Im Schnitt gebe es in jeder Tiroler Gemeinde 130.000 m² gewidmete unbebaute Fläche. So sei verständlich, dass es nicht um ein Zuwenig an Bauland geht, sondern um dessen Bereitstellung. Immerhin horten viele Besitzer*innen die Grundstücke als Reserve oder Kapitalanlage, anstatt es zu bebauen oder gar zu verkaufen. Hier sollte eine Abgabe für ungenutztes Bauland Abhilfe schaffen. Adressiert an das Land Tirol könnte sich Prof. Huber vorstellen, dass ab dem dritten Jahr nach der Widmung eine spürbare Summe – z. B. zwei Prozent des Grundstückswerts pro Jahr – fällig wird.
GÜNSTIG BAULAND SCHAFFEN DURCH VERTRAGSRAUMORDNUNG
Durch Umwidmungen werden in Tirol jährlich rund 600 Mio. Euro von Bauwilligen – darunter oft Jungfamilien – an Grundbesitzer*innen transferiert. Widmungsgewinne der Freilandbesitzer*innen bedeuten allerdings Widmungsverluste derer, die Grund kaufen wollen. Die Baulandpreise halten Tausende davon ab, sich ein Eigenheim zu errichten. Durch die Vertragsraumordnung kann eine Gemeinde günstiges Bauland schaffen und damit viel Bauvolumen freisetzen. Dass dies sogar in den teuersten Gemeinden möglich ist, zeigt das Projekt „Sonngrub“ in Kitzbühel. Die Stadt kaufte 10 Hektar Freiland um 60 Euro pro m2, als Anreiz erhielt die verkaufende Landwirtin zusätzlich zum Kaufpreis 6.000 m² des Baulandes zur freien Verfügung. Vier Hektar dieser Fläche wurden in Bauland umgewidmet und in 75 Parzellen zu je 400 bis 600 m2 geteilt. Die Stadtgemeinde Kitzbühel erschloss das Gebiet um rund 100 Euro pro m2. Die Parzellen wurden einheimischen Wohnungssuchenden um 180 Euro pro m² angeboten, d. h. zu einem Preis, der für die Gemeinde alle Kosten deckte, aber keinen Gewinn abwarf.
GEFÖRDERTER SEKTOR WIRD QUERFINANZIERT
„Wohnungen müssen weiterhin errichtet werden, die Anzahl ist jedoch deutlich geringer als in der letzten Dekade“, rechnet Bauunternehmer Anton Rieder vor. Angepeilt werden in Tirol etwa 4.500 Einheiten pro Jahr. Man spricht hier immerhin von einem Rückgang von 25 %, 800 Millionen Euro weniger Betriebserlösen für die Firmen und 8.000 wegfallenden Arbeitsplätzen. Rieder ist überzeugt, dass die Branche beim Bau von Wohnraum eine Gewinnmarge von 10 % einrechnen muss. Wird gefördert, kann der Verkaufspreis zwar auf beispielhafte 5.000 Euro pro m² gesenkt werden, durch die vom Gesetzgeber eingeforderten Kostendeckel (Grundkosten, Baukosten usw.) sinkt die Marge tatsächlich auf null. Fazit: Die frei finanzierten Immobilien – mit Quadratmeterpreisen bei inzwischen 8.000 Euro – subventionieren den geförderten Markt quer.
"Es galt, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren – eine hybride Lösung, in der Beton und Holz zum Einsatz kommen."
Andreas Embacher
PREISREDUKTION DURCH RIEDERBAU-HOLZBAUSYSTEM
Die Weichen für günstigeres Bauen wurden bei RIEDERBAU schon vor längerer Zeit gestellt. In die RIEDERBAU- Gruppe wurden klassische Holzbaubetriebe integriert und der Standort in St. Jakob in Haus wurde um das RIEDERBAU-Holzbausystem erweitert. „Es galt, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren. So entwickelten wir im Expert*innenteam eine hybride Lösung, in der Beton und Holz zum Einsatz kommen“, erklärt Andreas Embacher, Teamleiter bei RIEDERBAU-Holztechnik, die verstärkten Anstrengungen der letzten Jahre. Im System bestehen die tragenden Teile eines Gebäudes, wie Stützen und Decken, und die Erschließung inklusive Treppenhaus und Liftschacht aus Stahlbeton. Die thermische Hülle allerdings wird in Holzrahmenbauweise realisiert. Vorteil für die Produzent*innen: Eine leichte, schnell umsetzbare und im Wärmeschutz unschlagbare Holzbaukonstruktion mit besonders hohem Vorfertigungsgrad. „Wir haben es geschafft, ein gängiges Bauverfahren technisch weiterzuentwickeln und enorm zu standardisieren“, gibt sich Lukas Hechenblaickner, Geschäftsbereichsleiter Wohnbau und öffentlicher Bau, sichtlich zufrieden mit den Ergebnissen. So werden Schnittstellen und Übergangsstellen systematisiert und standardisiert und in einem Planungsleitfaden zusammengefasst. Auf der anderen Seite konnte beim Hybridbau-System das bautechnische und statische Know-how von RIEDERBAU eingebracht werden. Damit wird der Bauablauf optimiert und wirtschaftlicher gehalten. Für die Bauherr*innen ergeben sich durch den Systembau viele Vorteile. So garantiert die ausführende Firma eine durchgängig effiziente Planung – die „leeren Kilometer“, verursacht durch endlos lange Detailsuche und Schnittstellenthematiken, entfallen. Trotz hoher Systematisierung bleiben Planungsgesichtspunkte bei Gebäudeform, Fassade, Terrasse, Balkon und Nasszellen individuell. Zusätzlich kann bei allen Vorhaben alternative Energiegewinnung durch PV-Anlagen auf dem Dach oder an der Fassade realisiert werden. „Der Gestaltungsfreiraum bleibt erhalten. Das hebt uns von üblichen Systemproduzenten ab“, kann Lukas Hechenblaickner das innovative Bauen anhand interessanter RIEDERBAU Projekte illustrieren. Zu guter Letzt werden Prozesse im Hybridbau effizienter, skalierbar und kostengünstiger gestaltet, vor allem wenn sich ein Totalunternehmen wie RIEDERBAU darum kümmert.
RAUS AUS DEM DILEMMA
Für einiges Aufsehen sorgte Anton Rieders smartes „Fünf-Punkte-Programm“, das Wege aus der Misere markiert. 20 bis 30 Prozent der Baukosten könnten etwa eingespart werden, wenn auf die unterirdischen Baukomponenten zur Aufbewahrung von Fahrzeugen verzichtet würde. Unter dem Arbeitstitel „Systematisiertes Planen und Bauen“ schlägt Rieder vor, die „inneren Werte“ eines Gebäudes zu forcieren. Bis zu zehn Prozent der finanziellen Aufwendungen könnten durch effizientere Grundrisse, schlanke Statik, übereinanderliegende Modulbäder und weitere Detail-Standards eingespart werden. Ein ähnlicher Einsparungseffekt ließe sich beim Einsatz höherer Baudichten erzielen. Sie führen in der Regel zu verbesserter Kostenstruktur. Nicht unerwähnt lässt Anton Rieder das Bündel an Vorgaben und Vorschriften, die der Gesetzgeber ständig weiterentwickelt. „Hinter den zahlreichen Gesetzen und Verordnungen liegen sinnvolle Ziele wie Energieeffizienz, Barrierefreiheit oder Brandschutz. Jedoch wird oftmals über das Ziel hinausgeschossen“, berichtet der Unternehmer. In puncto Digitalisierung müssen die relevanten Behörden schneller agieren und reagieren. „Die Vorlaufzeiten für Wohnbauten in Tirol betragen drei und mehr Jahre. Das verursacht Entwicklungs- und Zinskosten, welche Käufer*innen bzw. Mieter*innen zu tragen haben“, rechnet der Landesinnungsmeister vor. Der Lösungsvorschlag lautet „digitale Baueinreichung“ für alle Bau- und Gewerberechtsverfahren mit klar definierten Maximalfristen – diese soll mit 1.1. 2024 auf Schiene gebracht werden und markiert einen ersten großen Schritt in die richtige Richtung.
Leerstand und Spekulation am Pranger
Publikumswirksame Schlagzeilen, die leer stehende Objekte und Immobilienspekulationen zum Thema haben, stoßen Bauunternehmer Anton Rieder besonders sauer auf. So seien viele nicht bewohnte Einheiten gar nicht mehr beziehbar. Außerdem würden vier bis sechs Prozent leerer Wohnraum dafür sorgen, dass der Markt überhaupt funktioniert. Zu den Spekulationsobjekten kennt Unternehmer Rieder die Hintergründe: Hier geht es um zwei marginale Bereiche, nämlich um Altbauten, die saniert und mit entsprechendem Gewinn weiterveräußert werden. Am diametral gegenüberliegenden High-end finden sich Luxusprojekte im Millionenbereich.